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Nachrichten > Politik und Gesellschaft

Hirschhorn steht mit leeren Händen da


Da der Rathaussaal durch die Fastnachter belegt ist, tagten die Stadtverordneten ausnahmsweise im großen Saal des Feuerwehrgerätehauses. Zum kommunalen Finanzausgleich referierte Ministerialrat Patrik Kraulich (hinten Mitte) vom hessischen Finanzministerium. (Foto: Thomas Wilken)

(tom) „Da steh ich nun, ich armer Tor! Und bin so klug als wie zuvor.“ An Goethes Faust dürften sich kürzlich einige Stadtverordnete nach dem Vortrag über die Neufassung des kommunalen Finanzausgleichs (KFA) 2016 erinnert gefühlt haben. Das lag weniger am eloquenten Referenten selbst, Leitendem Ministerialrat Patrik Kraulich aus dem hessischen Finanzministerium, sondern an der Komplexität und schieren Masse des Zahlenwerks. Das besteht aus 180 Seiten, wie sie der hessische Finanzminister gerade in den Landtag einbrachte. Und zusätzlich 22.000 Seiten Daten der Städte und Gemeinden. Etwas „für ein paar stille Stunden“, wie Kraulich ironisch anmerkte.

Beantragt hatte die Sondersitzung der Stadtverordneten die SPD-Fraktion. Die wollte sich gern aus erster Hand informieren lassen, wie es zu den neuen KFA-Berechnungen kam. Vor allem deswegen, weil damit Hirschhorn nicht besser als früher gestellt wird. Eine Annahme aus der Dezember-Sitzung, die sich kurz vor der aktuellen Sitzung noch einmal bestätigte: Als einzige Kommune im Kreis Bergstraße (mit Ausnahme des finanzstarken Bensheims) profitiert die hessische Neckarstadt nicht von der KFA-Neufassung. Vielmehr steht sie durch höhere Umlagen und geringere Zuweisungen sogar schlechter da - in diesem Jahr liegt das Minus bei 480.000 Euro.

Die genauen Gründe hierfür, wie sie Fraktionsvorsitzender Max Weber vom Referenten wissen wollte, blieben auch nach Kraulichs Parforceritt durch die KFA-Entstehungsgeschichte weitgehend im Dunkeln. Immerhin konnten sich die Stadtverordneten ein Bild davon machen, aufgrund welcher Systematik der neue Finanzausgleich im Finanzministerium errechnet worden war. Dieser soll auch nicht statisch sein, so Kraulich, sondern einer fünfjährigen Evaluation unterliegen. Sprich: In dieser Zeit kann nachgebessert werden.

Dass überhaupt ein neues Zahlenwerk erstellt werden musste, ist dem sogenannten Alsfeld-Urteil geschuldet. Mit dem erklärte der hessische Staatsgerichtshof 2013 den bisherigen KFA für verfassungswidrig. Ob die neue Systematik nun einfacher ist? Ministerialrat Kraulich antwortete auf die selbst gestellte Frage eher lakonisch: „Uns ist nichts Besseres eingefallen.“ Deshalb sei das Urteil 1:1 umgesetzt worden. „Dass alle Aufgaben der Kommunen mit aufgenommen werden, gibt das Alsfeld-Urteil nicht her“, meinte er mit Blick auf Pflicht- und freiwillige Aufgaben.

Doch genau daran entzündet sich immer wieder Kritik der Städte und Gemeinden. Diese führen an, dass weiterhin vom Land Aufgaben an sie übertragen würden, ohne für eine ausreichende Finanzierung zu sorgen. Aus Kraulichs Worten mussten die Stadtverordneten schließen, dass es nach wie vor eine solche Wahrnehmungslücke geben könnte. Auch wenn im neuen KFA-Plan ein sogenannter „Stabilitätsansatz“ in Höhe von 428 Millionen Euro einige freiwillige Aufgaben mit einschließt. Der „Festansatz“, den das Land unabhängig von konjunkturellen Schwankungen an die Kommunen zahlen will, beläuft sich auf 3,5 Milliarden Euro.

Hieran machte Bürgermeister Rainer Sens seine Kritik fest: In jeder Gemeinde gebe es „individuelle Pflichtaufgaben, die man in Wiesbaden gar nicht kennt“. Er befürchte, dass sich das Land aus den freiwillig übernommenen Ausgaben des Stabilitätsansatzes „bei schlechter Haushaltslage zurückzieht“, so Sens. Warum, so seine Frage, werde nicht gleich die komplette Summe fixiert. Kraulich gestand hier zu, dass es „Prüfaufträge“ gebe. Unter anderem die Abklärung, ob es bei ländlichen Gemeinden größere Pflichtaufgaben gebe als anderswo. „Wenn ja, dann werden wir nochmal anders sortieren.“

Der Hirschhorner Rathauschef nutzte die Gelegenheit, um für einen großen Wurf bei der Kommunalfinanzierung zu werben. Denn der KFA mache nur einen kleineren Teil des großen Ganzen aus. Als Beispiel nannte er die Gewerbesteuer. Deren Entwicklung sei zwar derzeit positiv, aber das könne sich schnell ändern. Letztendlich sei ihre Prognose „ein Glücksspiel, das in der Kneipe verboten ist“. Es sei wünschenswert, über ein stabiles Fundament der kommunalen Finanzen nachzudenken, sagte Sens.

In der Kritik standen auch die durch das Land erhöhten „Nivellierungshebesätze“: Was bedeutet, dass ein Mindestsatz für Grund- und Gewerbesteuer festgelegt wurde, aus dem dann von der Gemeinde Umlagen zu zahlen sind. Somit würden dadurch die Kommunen gezwungen, ihre eigenen Steuern zu erhöhen, aber gleichzeitig blieben diese Mehreinnahmen nicht in vollem Umfang vor Ort. „Genau das ist den Bürgern nicht zu vermitteln“, so Max Weber. Sie müssten mehr zahlen, was aber nicht Hirschhorn zugutekomme. Vielmehr stehe die Stadt auf dem Papier finanzstärker da und bekomme dadurch weniger Geld vom Land. Ähnlich äußerte sich auch Wolfgang Schilling, CDU: „Wenn wir das Geld wieder abführen müssen, ist das kontraproduktiv.“

Thematisiert wurde daneben der kommunale Schutzschirm, dem sich Hirschhorn angeschlossen hat. Kraulich machte deutlich, dass man im Finanzministerium „nichts dagegen hat, wenn abweichende Konsolidierungsmaßnahmen beschlossen werden“. Allerdings sei der vertraglich fixierte Abbaupfad einzuhalten. Bürgermeister Rainer Sens hatte zudem angeregt, ob es aufgrund des aktuell sehr niedrigen Zinsniveaus nicht sinnvoll sei, „Investitionsrückstände über die Tilgungsrate hinaus“ anzugehen. Also eine höhere Neuverschuldung als die Summe der Schuldentilgung in Kauf zu nehmen. Das sei „eine rein wirtschaftliche Überlegung“, so Sens.

Laut Ministerialrat gibt es zwei Möglichkeiten: Wenn Hirschhorn drei Jahre lang einen ausgeglichenen Haushalt vorlege, könne es aus dem Schutzschirmvertrag entlassen werden. Oder: Man müsse sich bei der Aufsichtsbehörde eine höhere Nettokreditaufnahme genehmigen lassen. „Ein Beschluss jetzt macht keinen Sinn“, so SPD-Fraktionschef Weber abschließend. Man solle doch die geballten Informationen mit in die Fraktionen nehmen und bei Bedarf in der nächsten Stadtverordnetensitzung eine Resolution beschließen.

05.02.15

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