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Nachrichten > Kultur und Bildung

Streichquartette von Beethoven und Schubert in der Ersheimer Kapelle


(Foto: privat)

(hr) (khm) Am gestrigen Donnerstag wurden die von dem Violinvirtuosen Prof. Nobuhiko Asaeda geleiteten diesjährigen Meisterkonzerte mit einem Streichquartettabend in der Ersheimer Kapelle zu Hirschhorn vor zahlreich erschienenem Publikum eröffnet.

Asaeda ist auch in der Region schon lange eine feste musikalische Größe. Begeistert wird man sich noch an seine Interpretation der sechs Bach’schen Sonaten und Partiten für Violine solo schon 1985 in der Eberbacher Michaelskirche erinnern oder auch an ein Konzert 1993 bei den Eberbacher Kunstfreunden mit C. Kreutzers Septett und dem Quintett “Till Eulenspiegel einmal anders“ von Strauss/Hasenöhrl.
Im gestrigen Konzert musizierten Nobuhiko Asaeda und Koichi Suzuki (Violinen), Shigetaka Obata (Viola) und A von Rumohr (Violoncello) Beethovens erstes Rasumowsky-Quartett, F-dur Op. 59/1 (1804/06) und Schuberts Quartett d-moll D 810 “Der Tod und das Mädchen“ (1824/25), in denen Kantabilität und konzertante Virtuosität, Kammerton und der Anflug sinfonischer Größe, Volkston und aufs höchste verfeinerte Kunstmusik sich verbinden - ein Feld, auf dem das Quartett seine technischen, musikantischen und gestalterischen Fähigkeiten aufs beste einsetzen konnte.
Beethovens in jeder Hinsicht - sei es Spieldauer (40 Minuten), technischem Anspruch (hohe Lagen) oder musikalische Bedeutung - groß(artig)es 7. Quartett (von 16 Quartetten) in F-dur war an gegebener Stelle zunächst einmal ein Fest für den sicher und klangvoll musizierenden Cellisten, man denke nur an die unter den leise pochenden Achteln der Begleitung aufsteigende, prachtvolle Kantilene des Anfangs oder die Einführung des “thème russe“ im Finale. Dem Klangerleben kam dabei durchaus zugute, dass man - meist auch sonst – eher gemäßigte Tempi gewählt hatte. Nun ist das Werk kein Quattuor brillant für ein dominantes Instrument - im allgemeinen meist die Primgeige - und drei weniger hervorgehobene Begleiter, sondern wie auch das spätere Schubertquartett ist es ein echtes Viererstück zu meist gleichartigen Anforderungen, wie ein viel zitiertes Goethe-Zitat (Brief an Zelter 9. Nov. 1829) es umschreibt: Streichquartette “waren mir von jeher von der Instrumental-Musik das Verständlichste: man hört vier vernünftige Leute sich unter einander unterhalten, glaubt ihren Discursen etwas abzugewinnen und die Eigenthümlichkeiten der Instrumente kennen zu lernen”. So lieferten hier alle Beteiligten den ihnen von Beethoven zugedachten Anteil, wenn auch besonders glanzvoll der Primgeiger. Ein kleiner Hinweis auf glückendes Ensemblespiel seien nur die im ersten Satz häufig vorkommenden Triolenläufe, die wie bei einem Stafettenlauf auf alle vier individuell verschiedenen Instrumente und Spieler verteilt sind, bei denen man aber geschlossenen Auges den Eindruck eines einheitlichen Notengangs hatte. Auch mussten alle Ensemblemitglieder, um Beethovens genialer Musiksprache gerecht zu werden Meister aller Klassen sein, also sichere Rhythmiker, virtuose Instrumentalisten und “singende’ Musikanten, die bald führend, bald exakt begleitend zu agieren haben. Es würde zu weit gehen, Details zu nennen, zu denen dann vor allem die wie selbstverständliche Bewältigung der hochkonzertanten Abschnitte einschließlich der in schwindelnde Höhen führenden Violinkadenz am Ende des dritten Satzes gehörte, auf die attacca das Finale kontrastierend folgt. Genannt werden sollten auch die vom Ensemble geschaffenen eindrucksvollen Klangwirkungen im langsamen Satz (Adagio molto e mesto/traurig) mit seiner Vielzahl von thematischen Einfällen, die die vier Instrumente verwoben oder hervortreten ließen.
Als Kabinettsstück bleibt in Erinnerung das zu Beethovens Zeit wegen seines viertaktigen, anfänglichen Cello- bzw.Violasolos auf denselben Notenwert so befremdlich und kopfschüttelnd, geradezu als Verulkung aufgenommene Allegretto, mit 476 Takten der längste Einzelsatz des Quartetts (mit zusammen 1335 Takten). Der Satz, der sich vornehmlich von dieser “cellule“ (kleinster Zelle/Motivteil). her entwickelt, wurde mit seinen Kontrasten von elegantem Scherzando-Witz, gefühlvoller Melodik und vollakkordischer Wucht eindrucksvoll dargeboten. Auch Beethovens wahrscheinliche Absicht dürfte so deutlich geworden sein, zu zeigen wie man aus bescheidenem Motiv ein kunstvolles Gebilde schaffen kann.
Das Finale, auf russischer Volksmelodie beruhend und in Reverenz vor dem Grafen Rasumowsky gewählt, dem russischen Gesandten am Wiener Hof und begabten Geiger, ist ein Beispiel für die Verschmelzung von einfachem Volkslied mit komplizierter Kunstmusik und damit eine Traumaufgabe für Musiker, indem sie zum Abschluss noch einmal alle Qualitäten des kantablen und des virtuosen Spiels zeigen konnten. Somit begeisterter, lang dauernder Zwischenbeifall nach 40 Minuten nie langweilendem Beethovenklang.

Der weitere Publikumsmagnet war Schuberts vierzehntes und vorletztes Quartett d-moll (1824/5), und es wurde erneut zu großer Leistung des Ensembles. Die bestimmenden Motive des ersten Satzes, ein wuchtiges Triolenmotiv, an Beethovens 5. Sinfonie (c-moll, ’Schicksalssinfonie’) erinnernd, dann eine wohlklingende Melodie und überleitende Triolen wurden präzis vorgestellt, um dann im weiteren Verlauf in der besonderen Kontrapunktik Schuberts wichtig zu werden. Anders nämlich als bei der „kanonartigen“ Fugengestaltung des Barock schichtet Schubert die verschiedenen Themen (Melodie und Triolenmotiv) in der Satzdurchführung übereinander. Wenn dann die Gesamtstruktur und die einzelnen Motive harmonisch und deutlich erklingen, wie hier geschehen, ist das die bewundernswerte Ensemblekunst.
Der den Namen “Tod und das Mädchen“ gebende Satz ist das Andante con moto mit fünf (Figural)variationen über einem melodisch stets gleich bleibendes Thema, das ein Selbstzitat ist, nämlich Schuberts eigene Melodie (1817) zu Matthias Claudius‘ dialogischem Gedicht “Der Tod und das Mädchen“. Hier war schon die Themenvorstellung mit einer ruhigen Binnendifferenzierung (pianissimo, forte; crescendi) ergreifend. Die tonvollen, unaffektierten, makellos ausgeführten Variationen, dem jeweiligen Charakter von Verhaltenheit bzw. Erregung (3., 5. Variation) angepasst, verliehen dem Satz die unvergleichliche Schubert‘sche Klangschönheit und Eindrücklichkeit, wobei die virtuosen Umspielungen der Primgeige (4. Var.), die wohllautende, ausdrucksvolle Cello-Kantabilität (2. Variation mit höchst anspruchsvollen Stellen in Tenor- und Violinschlüssel) und die Violine II und die Bratsche mit einfühlsamem Schaffen der Zwischenharmonien nicht unerwähnt bleiben dürfen.
Gekonnt führten die Musiker das knappe Scherzo mit seinen widerborstigen Synkopen und - wiederum ein Glanzstück für den ersten Geiger - das schwelgerischeTrio aus, in dem man bei programmatischer und problematischer Interpretation den verführerisch fiedelnden Tod erkennen wollte (Alfred Heuß).
Die musikalische Hetzjagd des Finales im Tarantella-Rhythmus wurde mit Schwung, Brillanz und stellenweise orchestraler Wucht (im Con forza-Abschnitt) über die etwa 750 Takte des Satzes hinweg, der ca. 50 Takte länger ist als die Sätze 1 bis 3 zusammen, unermüdlich konzentriert durchgehalten.
Obwohl das Werk stellenweise zum Violinkonzert oder auch zu Orchesterklang (vgl. Gustav Mahlers Streichorchesterversion) hinneigt, war doch der Eindruck, dass das Ensemble diesen Verführungen entgegensteuerte. Und so blieb auch der wuchtige Con forza-Abschnitt des Finales noch in kammermusikalischem Rahmen, wenn auch hör- und sichtbar die Musiker die Stelle auskosteten. Auch die vielen hochvirtuosen Figurationen des Primgeigers bei den Variationen und im Trio waren so eingeordnet, dass der kammermusikalische Charakter erhalten blieb und die Partner des Primgeigers nicht in die bloße Begleiterrolle gedrängt waren.
Ein andere Frage konnte sein, ob das Werk, das gattungsmäßig zur absoluten Musik gehört und auch ohne “außermusikalische Verständnishilfen“ in jeder Hinsicht ein Meisterwerk ist, infolge eines auch die Popularität fördernden Beinamens einseitig als Programmmusik gedeutet und interpretiert werden sollte – in der Tradition des einst viel gelesenen Musikschriftstellers Alfred Heuß (1877-1934), für den das Quartett ein komponierter Totentanz war, obwohl es von Schubert keine Bemerkung gibt, dass er eine ’Programmmusik’ habe schreiben wollen. Zum Quartett findet sich die Notiz (Brief März 1824): “…überhaupt will ich mir auf diese Weise den Weg zur großen Sinfonie bahnen“. Bei den programmatischen Vorstellungen fühlt man sich eher an ein sarkastisches Goethe-Wort erinnert: “Im Auslegen seid frisch und munter! Legt ihr’s nicht aus, so legt was unter“ (Zahme Xenien II). Das Quartett ist aber so vielschichtig, dass es nicht darauf verengt werden sollte, den Gegensatz von lockendem Tod und sich aufbäumendem, dann resignierendem Lebenswillen 1431 Takte lang musikalisch auszudrücken, was noch nicht einmal Thema des ganzen zweiten Satzes (zu 172 Takten) sein dürfte.. Angesichts seiner ganzen Vielfalt von Majestätischem und Traurig-Resignativem, von Derbem und Burschikos-Tänzerischem, von Heiter-Verspieltem und Düster-Pathetischem, von Zart-Lyrischem und Hinreißend-Dynamischem, das die Interpreten doch gern und gut zu vermitteln wussten, sollte man außermusikalische Bezüge weitgehend beiseite lassen. Das d-moll-Quartett Schuberts hat seine Größe durch sich selbst.

Für den begeistertem Beifall nach einem großen Musikerlebnis bedankte sich das Quartett noch mit dem charmanten Andante (2. Satz) aus der ersten der drei “Salzburger Sinfonien / Divertimenti ohne Bläser“ KV 136 (1772) von Mozart, dessen heiter unbeschwerter G-dur-Klang das Publikum beschwingend in eine kühl angenehme Nacht entließ.

07.08.15

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