29.03.2024

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Insektenkunde im Dienste der Gerichtsmedizin


(Foto: National geographic)

(tw) (fk) Am Dienstag, dem 19. Juni 2007 gastiert um 19 Uhr Mark Benecke, der "Herr der Maden und Fliegen", im großen Saal der Stadthalle in Eberbach.

Konzentration im Labor: Ein winziger Fliegen-Flügel liegt auf der Trägerplatte des Mikroskops. Jetzt einmal heftig atmen und die kostbare Spur im mysteriösen Mordfall ist für immer verloren. Das ist Spannung, wie sie zu Mark Beneckes Alltag gehört. Der 37-jährige Kölner untersucht biologische Spuren in Kriminalfällen, bestätigt oder widerlegt die Überlegungen der Ermittler. In seiner Funktion hat Benecke der Polizei auch schon geholfen, anhand einer zertretenen Ameise einen Mörder zu überführen.

Zu Berühmtheit hat es der promovierte Biologe allerdings als "Herr der Maden" gebracht. Solchen Tierchen widmet er seine Aufmerksamkeit, wenn sie an Leichen gefunden werden. Forensische Entomologie nennt sich das: Insektenkunde im Dienste der Gerichtsmedizin. Wie lange lag ein Toter, wo er gefunden wurde? Die Antwort auf diese und etliche andere Fragen liegt für Benecke in der Art und Zahl kleiner krabbelnder, kriechender und schwirrender Zeugen.

Verwesung, Vernachlässigung, Zersetzung von Fleisch sind mit üblem Geruch verbunden und alles andere als ein schöner Anblick: Im Krimi sorgt so was für den Extra-Ekel.

Für den Kriminalbiologen zählt die Suche nach Wahrheit, ganz nüchtern und wissenschaftlich: "Klar, auch ich stehe am Tatort und schau mir das an. Aber mich interessiert, ob sich eine biologische Spur ergibt." Eher zufällig hat Benecke, der Ende der 90er Jahre am Institut für Rechtmedizin der Stadt New York gearbeitet hat, den Weg in die kriminalistische Schiene der Biologie gefunden: "Als Kind und Jugendlicher fand ich den Film Spiderman toll. Der ist im Alltag Biochemiker und ein Held, das war Klasse."

Während seines Studiums in Köln interessierte sich der 33-Jährige für genetische Fingerabdrücke, etwas, das eher in der Medizin erforscht wurde. Als er sich dann mit Insekten auf Leichen beschäftigte - "aus Neugier", wie er sagt - , wurde die Kriminalpolizei aufmerksam und bat Benecke um Unterstützung.

Seine freiberufliche Arbeit führt Benecke regelmäßig an Tatorte in NRW. "Im Sommer fahr ich auch täglich raus, wenn sich die Polizei mit einem frischen Fall bei mir meldet." Grundsätzlich aber arbeite er international: "Es ist egal, wo ich sitze, solange ich weiß, wie das Material aussieht", sagt er. Stets dabei: sein Handwerker-Gürtel mit diversen Pinzetten und anderen Utensilien.

Bei der Industrie- und Handelskammer Köln ist Benecke als "öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für kriminaltechnische Sicherung, Untersuchung und Auswertung von biologischen Spuren" eingetragen - bundesweit einzigartig.

Beneckes ganz spezielles Fachwissen und der Hauch von Exzentrik sorgen dafür, dass in seinen Kompakt-Seminaren an der Kölner Universität oft auch "Groupies" sitzen, wie er sagt. "Da frage ich in der ersten Sitzung, warum sie gekommen sind, und die antworten , Weil ich Dich im Fernsehen gesehen habe. Das ist doch keine Antwort", ärgert sich der Biologe. Echter Nachwuchs sei auf seinem Gebiet leider Mangelware: "Studenten wollen Sicherheit. Mich motivieren die Fälle - da ist es okay, dass ich weniger verdiene als ein Polizist." Er verrate auch alle seine Tricks und Methoden, eben weil es ihn freuen würde, wenn es mehr Kriminalbiologen wie ihn gäbe.

Dass die in der Fiktion öfter auftauchen - immerhin das hat Benecke schon erreicht. Denn der Biologie-Doktor berät auch Filmproduktionen und Schriftsteller, er erklärt Autoren die Strukturen der Rechtsmedizin und gibt Tipps zu biologischen Spuren: "Romane sind Fantasieprodukte, der Autor schreibt Fiktion, ich liefere lediglich Ideen aus der Realität" - die offensichtlich reich an Vorlagen ist, die sich in der Phantasie kaum besser denken ließen...
Tierchen vom Tatort

Das Spektrum seiner Vorträge reicht von Serientätern über Blutspuren bis zu den interessantesten Verbrechen der vergangenen 100 Jahre. Auch Maden und Fliegen bringt Benecke mit. "Manchmal auch Insekten von einem Tatort".
Karten für den Vortrag sind ab sofort im Vorverkauf bei der Tourist-Info Eberbach, der Buchhandlung Greif und dem Veranstalter Bahnhof-Apotheke zu erhalten. Außerdem gibt es Karten an der Abendkasse.


07.06.07

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